Johanniter

Wildenbruch / Swobnica

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Nachdem die Johanniterkommende Rörchen / Rurka 1373 von den Rittern von Wedel und Bürgern der nahe gelegenen Stadt Königsberg i. d. Neumark / Chojna im Zuge einer Fehde zerstört worden war, wurde die Komturei 1377 nach Wildenbruch, das als Dorf erstmals 1345 genannt wird, verlegt. In der Folgezeit wurde den Johannitern der Bau einer Burg von den Herzögen Swantibor III. (um 1351–1413) und Bogislaw IV. (vor 1278–1309) nahe der Stadt Bahn / Banie gestattet, mit der die Johanniter in der Folgezeit immer wieder in Konflikt gerieten. Etwa im Jahr 1399 kam es zum Aufruhr, bei dem die Bewohner der Stadt den Herrenmeister der Johanniter, Detlev von Walmoden, erschlugen. Auch das Verhältnis zu den pommerschen Herzögen war von Auseinandersetzungen überlagert, die sich vornehmlich an der im Grenzgebiet zu Pommern liegenden Burg Wildenbruch entzündeten.

Das Schloss Wildenbruch mit dem mittelalterlichen Bergfried von Westen / Foto Th. Schlott
Grundriss der Burg Wildenbruch mit den Hauptbauphasen / nach L. Kajzer u. a.: Leksykon Zamków w Polsce (2001)

So führte auch die Landesteilung von 1541, in der die Feste dem Herzogtum Pommern-Wolgast zugeschlagen wurde, zum Streit mit Herzog Philipp I. (1515–1560), der unter anderem die Einnahmen der Komturei mit Gewalt an sich brachte. Dieser Streit konnte 1547 beigelegt werden, indem der Johanniterorden schwor, dem Herzog Lehensdienste und Erbhuldigungen zu leisten. Etwa 100 Jahre später, im Verlauf des 30jährigen Krieges, endete die Zeit Wildenbruchs als Komtursitz, als das Gebiet unter schwedischen Einfluss kam. Die Komturei wurde säkularisiert und an den Diplomaten Johan Adler Salvius (1590–1652) verliehen. 1788 fiel Wildenbruch als Teil der Markgrafschaft Schwedt an Preußen und bestand in dieser Zeit als Schloss mit Kapelle, Vorwerk, Schäferei, Brauerei, Mahl-, Stampf- und Schneidemühle, dem Kietz und dem Dorf mit Kirche. Von den einstmaligen Befestigungsanlagen der Burg sind heute nur noch Teile erhalten.

Im Mittelalter war die Anlage fast vollständig von Wiesen und Mooren umgeben und nur von Westen, über eine Brücke, die den breiten Burggraben querte, zugänglich. Auf dem natürlich geschützten Gelände errichteten die Johanniter bis 1400 über beinahe quadratischem Grundriss (ca. 50 x 48 m) eine Burg mit einem schmalen Wohngebäude im Norden und einem rechteckigen, im oberen Abschnitt runden Bergfried von etwa 30 m Höhe in der Nordwestecke. Die Fundamente wurden aus Feldsteinen, die aufgehenden Mauern aus Backsteinen errichtet. Zur westlich gelegenen Vorburg gehörten Wehr- und Wirtschaftsgebäude. Die rechteckige Anlageform mit massiven Außenmauern von bis zu 2,5 m, einem Wohnflügel und einem massiven Eckturm ist charakteristisch für die damaligen Burgen der Ritterorden (Pansin / Pęzino; Alt Draheim / Stare Drawsko).

 

Im späteren 15. Jahrhundert wurde die Anlage um den Ost- und den Südflügel erweitert. Das später vielfach umgestaltete Gebäude bestand aus einem dreigeschossigen Haupthaus im Osten und zwei zweigeschossigen Seitenflügeln, von denen der nördliche an den heute noch erhaltenen Bergfried angrenzt. 

Das Haupthaus umfasste im Inneren eine Hofstube, das Zimmer des Komturs, eine Fürstenkammer, eine Gästekammer, eine über zwei Stockwerke reichende Kapelle, einen Kellerraum sowie weitere Kammern und Schlafräume für die Mitglieder der Komturei, Hausgeistliche und die Dienerschaft. In den Seitenflügeln lagen die Wirtschaftsräume (Küche, Back- und Brauhaus), Werkstätten und die Kanzlei. Auch die Waffen und Rüstungen wurden wohl in den Seitenflügeln untergebracht.

 

Das Schloss Wildenbruch zum Ende des 19. Jhs. / nach H. Gloede: Heimathliche Bilder aus alter Zeit (Berlin 1892) (Ausschnitt)

Was von der stolzen Festung bleibt

Vorburg und Bastei sind heute nicht mehr erhalten, dafür aber der mächtige Bergfried, der den einstigen Verteidigern einen weiten Blick über das umliegende Land ermöglichte, das Hauptgebäude und die beiden Seitenflügel.

Der als schlichter Putzbau erhaltene Hauptflügel geht auf die Markgrafenzeit im 18. Jahrhundert zurück, in der die Anlage gänzlich den veränderten Bedürfnissen angepasst wurde. Schöpfungen des 19. Jahrhunderts im Innern waren unter anderem die dreiläufigen Treppen aus Eichenholz mit geschnitzten viereckigen Balustern sowie Stuckdecken und neu eingezogene Wände in den zuvor viel größeren Räumen. Während das Hauptgebäude und die Seitenflügel stark renovierungsbedürftig und heute nicht begehbar sind, kann man den instandgesetzten Bergfried wieder besteigen.

von Thore Schlott

Schloss Wildenbruch, der mittelalterliche Bergfried von Südosten / Foto Th. Schlott

Reisetipp

Das Rathaus von Königsberg i. d. Neumark / Foto M. Atroszko; www.neumark.pl

In das kleine Dorf Wildenbruch gelangt man am besten auf zwei Routen: von Norden über die von Stettin / Szczecin nach Süden verlaufende Schnellstraße S3, von der man bei der Stadt Bahn abfährt und über die Dörfer Marienthal / Baniewice nach Wildenbruch auf Landstraßen in südwestliche Richtung steuert, oder von Westen, wenn man bei Schwedt über die Oder, dann nach Königsberg i. N. und von dort über Rörchen (auf privatem Gelände) nach Nordosten fährt. Das Auto kann in der Nähe der Hauptstraße direkt vor dem Eingang zum Burggelände abgestellt werden.

 Bei einer Autofahrt zur Burgruine von Wildenbruch bietet sich der Besuch weiterer historischer Sehenswürdigkeiten der Umgebung an, v. a. der nur wenige Kilometer südwestlich gelegenen Templer- und späteren Johanniter-Kommende von Rörchen (auf privatem Gelände), der Vorgängerkommende von Wildenbruch, sowie der Stadt Königsberg mit mehreren imposanten backsteingotischen Bauwerken des 13. bis 15. Jahrhunderts (Rathaus, St.-Marien-Kirche, Schwedter und Bernikower Stadttore, Dreifaltigkeitskirche des ehemaligen Augustinerklosters). 

Ebenso sehenswert ist die 12 km östlich von Königsberg gelegene Landstadt Bad Schönfließ / Trzcińsko-Zdrój mit ihrer weitgehend erhaltenen mittelalterlichen Stadtbefestigung, dem mittelalterlichen Rathaus und der im 13. Jahrhundert aus Granitquadern errichteten Stadtpfarrkirche.

Überblick.

Identifikation

Geistliche Zugehörigkeit
Johanniter, Ordo Militiae S. Johannis Baptistae Hospitalis Hierosolimitani (OSM)
Ordensbezirk
Ballei Brandenburg

Gründung/Aufhebung

Gründungsdatum
1377 (Verlegung der Komturei von Rörchen nach Wildenbruch)
Aufhebungsdatum
1648 (Teil Schweden-Pommerns nach dem Westfälischen Frieden und Säkularisation)

Ortslage

Ortslage
280 m südlich des Ortsausganges Wildenbruch
Kirchlicher Verwaltungsbezirk
Bistum Cammin

Spätere Nutzung

Schloss der brandenburgisch-preußischen Herrschaft Hohenzollern Schwedt-Wildenbruch; heute Leerstand und teils restaurierungsbedürftig

Weitere Informationen

Quellen und Literatur

[1] Ernst Bahr, Klaus Conrad: Wildenbruch. In: Helge bei der Wieden, Roderich Schmidt (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 12: Mecklenburg / Pommern (Stuttgart 1996), S. 315–316.

[2] Albert Breitsprecher: Marienthal in der Komturei Wildenbruch: Dorfbuch eines südpommerschen Bauerndorfes (Greifenhagen 1940).

[3] Albert Breitsprecher: Die Komturei Rörchen-Wildenbruch: Geschichte des Landes Bahn und Wildenbruch (Stettin 1940).

[4] Guido Hinterkeuser: Rettung von Schloss Wildenbruch. Schwedter Jahreshefte 8, 2012, S. 62–63.

[5] Guido Hinterkeuser: Wildenbruch/Swobnica (Woiwodschaft Westpommern/Województwo Pomorze Zachodnie 4, 15) (Berlin 2014).

[6] Guido Hinterkeuser: Zur Bedeutung von Schloss Wildenbruch (Swobnica) für die Schwedter Kulturlandschaft im 21. Jahrhundert. Schwedter Museumshefte 4, 2011, S. 8–9.

[7] Hugo Lemcke (Hrsg.): Die Baudenkmäler der Provinz Pommern. Teil 2: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stettin, Bd. 2: Die Kreise Randow, Greifenhagen und Pyritz, Heft 6: Der Kreis Greifenhagen (Stettin 1902).

[8] Hugo Lemcke: Schloss Wildenbruch. Monatsblätter der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde 16/3, 1902, S. 44–46.

[9] Detlef Schnell: Schloß Wildenbruch. Pommern. Zeitschrift für Kultur und Geschichte 41/2, 2003, S. 30–32.

Datensatz
JSON-Datensatz

Veröffentlicht am 28. Mai 2024
Zuletzt bearbeitet am 30. Mai 2024
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