Templer / Johanniter

Rörchen / Rurka

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Zu den zahlreichen Standorten geistlicher Ritterorden im Herzogtum Pommern gehörte die vom Templerorden errichtete, 1244 erstmals erwähnte Kommende Rorike. Sie wurde auf einer seichten, vom Flüsschen Rörike umflossenen Anhöhe im Land Bahn errichtet, das der Pommernherzog Barnim I. (1210/18–1278) den Templern im Jahre 1234 geschenkt hatte. Während jener die Templer u. a. durch Gebietsschenkungen gefördert hatte, waren dessen Söhne und Nachfolger dem Orden feindlich gesonnen, zumal dieser von den Brandenburger Markgrafen, gegen die man Krieg führte, unterstützt wurde. In den 1280er und 1290er Jahren kam es immer wieder zu teils gewalttätigen Auseinandersetzungen und Besitzstreitigkeiten zwischen dem Orden und den Pommernherzögen, bei denen sogar der Papst vermittelte. Mit der Aufhebung des Templerordens zu Beginn des 14. Jhs. gingen dessen pommersche Besitzungen an den Orden der Johanniter, die für Rörchen allerdings erst im Jahre 1329 erwähnt werden. Während einer Fehde im Jahre 1373 wurde die Johanniterkommende von den Rittern von Wedel und Bürgern der nahe gelegenen Stadt Königsberg i. d. Neumark / Chojna zerstört, wobei man auch das Vieh abtrieb und den damaligen Komtur, Wilhelm von Holsten, kurzzeitig verschleppte. Wenige Jahre darauf, spätestens 1382, zog die Kommende in eine neu errichtete Burg bei Wildenbruch / Swobnica, infolgedessen Rörchen zu einem Ordenshof herabsank. Ab dem 14. Jh. ist Rörchen nur noch als Dorf überliefert.

Die teilrestaurierte Kapelle von Nordosten / Foto A. Kieseler
Die teilrestaurierte Kapelle von Nordosten / Foto A. Kieseler

Rekonstruktion einer Templer-Kommende

So könnte die Kommende Rörchen um 1300 ausgesehen haben / Kołosowski, Siemińska 2014
So könnte die Kommende Rörchen um 1300 ausgesehen haben / Kołosowski, Siemińska 2014

Wie die von den Templern errichtete Kommende ursprünglich aussah, lässt sich bislang nur bedingt rekonstruieren. Bis heute hat sich die um 1250 im Stil der Romanik errichtete Kapelle (A) erhalten – ein aus sorgfältig behauenen Granitquadern errichteter einschiffiger Saalbau mit leicht eingezogenem, rechteckigem Chor, rundbogigen Fensterleibungen und einem erhaltenen spitzbogigen Portal auf der Nordseite. Bei archäologischen Untersuchungen wurden mehrere Bestattungen des die Kapelle umgebenden Friedhofs entdeckt. Westlich der Kirche fanden sich Fundamente und Reste von Ziegelmauerwerk, die von einem Konventsgebäude (B) stammen könnten. Dass zu dem Komplex verschiedene Wirtschaftsgebäude wie Scheunen und Ställe (C) sowie eine Mühle (D) am Rörike-Bach gehörten, lässt sich aufgrund schriftlicher Nachrichten wahrscheinlich machen.

Reisetipp

Die Marienkirche von Königsberg / www.tropter.com

Ausflug: In das kleine Dorf Rurka gelangt man am besten auf zwei Routen: von Norden über die von Stettin nach Süden verlaufende Schnellstraße S3, von der man bei der Stadt Bahn/ Banie abfährt und über die Dörfer Marienthal / Baniewice und Wildenbruch / Swobnica auf Landstraßen in südwestliche Richtung steuert, oder von Westen, wenn man bei Schwedt über die Oder, dann nach Königsberg / Chojna und von dort noch ca. 5 km Richtung Nordosten fährt. Die Kapelle befindet sich im Norden des Dorfes, ziemlich genau 520 m nördlich der Dorfkirche. Man erreicht den Standort am besten vom benachbarten Gut, wo man das Fahrzeug abstellen kann. Bei einer Autofahrt zu der ehemaligen Kommende von Rörchen bietet sich der Besuch weiterer historischer Sehenswürdigkeiten der Umgebung an, v. a. der nur wenige Kilometer nordöstlich gelegenen Burgruine von Wildenbruch, der Nachfolgekommende von Rörchen, sowie der Stadt Königsberg mit mehreren imposanten backsteingotischen Objekten des 13. bis 15. Jahrhunderts (Rathaus, St.-Marien-Kirche, Schwedter und Bernikower Stadttore, Dreifaltigkeitskirche des ehemaligen Augustinerklosters). Ebenso sehenswert ist die 12 km östlich von Königsberg gelegene kleine Stadt Bad Schönfließ / Trzcińsko-Zdrój mit ihrer weitgehend erhalten mittelalterlichen Stadtbefestigung, dem mittelalterlichen Rathaus und der im 13. Jahrhundert aus Granitquadern errichteten Stadtpfarrkirche.

Überblick.

Identifikation

Geistliche Zugehörigkeit
Templer, Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosolymitanis, Johanniter, Ordo Militiae S. Johannis Baptistae Hospitalis Hierosolimitani (OSM)

Gründung/Aufhebung

Gründungsdatum
vor 1244
Gründung durch
Erhalt des Landes durch Pommernherzog Barnim I. (1210/18–1278)
Aufhebungsdatum
spätestens 1382 (Verlegung der Kommende nach Wildenbruch)

Ortslage

Ortslage
520 m nördlich der Dorfkirche
Kirchlicher Verwaltungsbezirk
Bistum Cammin
Territoriale Zugehörigkeit
Hzm. Pommern

Spätere Nutzung

nach 1382 Ordenshof; in der Neuzeit mehrere Umbauten und Nutzung u. a. als Brauerei; heute Leerstand, teilrestauriert

Weitere Informationen

Quellen und Literatur

[1] Hermann Hoogeweg: Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern 2 (Stettin 1925), S. 869–904.

[2] Przemysław Kołosowski: Grave no 58 in the Cemetery of the Order of the Temple in Rurka (Rörchen). In: Christian Gahlbeck, Heinz-Dieter Heimann, Dirk Schumann (Hrsg.): Regionalität und Transfergeschichte: Ritterorden-Kommenden der Templer und Johanniter im nordöstlichen Deutschland und in Polen seit dem Mittelalter. Studien zur brandenburgischen und vergleichenden Landesgeschichte 9. Schriften der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg N. F. 4 (Berlin 2014), S. 458–464.

[3] Przemysław Kołosowski, Dominika Siemińska: The templar’s sites in Rurka (Rörchen) and Chwarszczany (Quartschen) in the light of the latest studies. In: Christian Gahlbeck, Heinz-Dieter Heimann, Dirk Schumann (Hrsg.): Regionalität und Transfergeschichte: Ritterorden-Kommenden der Templer und Johanniter im nordöstlichen Deutschland und in Polen seit dem Mittelalter. Studien zur brandenburgischen und vergleichenden Landesgeschichte 9. Schriften der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg N. F. 4 (Berlin 2014), S. 442–457.

[4] Tadeusz W. Lange: Przeoraty – baliwaty – komandorie. Zakon św. Jana Jerozolimskiego i jego placówki na terenie Polski. Szlakiem Krucjat 13 (Zabrze – Tarnowskie Góry 2021).

[5] Hugo Lemcke (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stettin. Heft 6: Der Kreis Greifenhagen (Stettin 1902), S. 280–283.

[6] Maria Starnawska: Między Jerozolimą a Łukowiem. Zakony krzyżowe na ziemiach polskich w średniowieczu (Warszawa 2006).

[7] Helge bei der Wieden, Roderich Schmidt (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands 12. Mecklenburg / Pommern (Stuttgart 1996), S. 261–262.

[8] Dariusz Wybranowski: Działalność i skład osobowy domów zaknonu joannitów w Księswtie Pomorskim w pierwszej połowie XIV wieku. Studia z Dziejów Średniowiecza 20, 2016, S. 339–370.

Datensatz
JSON-Datensatz

Veröffentlicht am 26. Juli 2022
Zuletzt bearbeitet am 8. Dezember 2023
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