Zisterzienser

Kloster auf Hiddensee

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Die der Christianisierung erst nach dem Fall der slawischen Tempelburg Arkona im Jahre 1168 zugängliche Insel Rügen war für den Zisterzienserorden im pommerschen Raum von großer Bedeutung, denn die Rügenfürsten initiierten in ihrem Herrschaftsgebiet, das neben Rügen und Hiddensee auch das angrenzende Festland umfasste, mehrere Niederlassungen: 1193 ein Frauenkloster in Bergen (anfangs noch Benediktinerinnen), 1199 und 1231 die Männerklöster Eldena und Neuenkamp sowie 1296 das Männerkloster im Norden der Insel Hiddensee. Das kleine, weitgehend bewaldete und von wenigen slawischen Fischern besiedelte Eiland hatte Fürst Wizlaw II. (um 1240–1302) den Zisterziensern von Neuenkamp übermacht, die dort zur Urbarmachung und Kultivierung der Insel ein Tochterkloster errichteten.

Das sog. „Klostertor“ am ehemaligen Klosterstandort in Kloster / Foto A. Kieseler
Die schmale Ostseeinsel Hiddensee, Blick vom Dornbusch nach Süden. Der Pfeil markiert den Standort des ehemaligen Klosters im Ort Kloster / Foto A. Kieseler
Die schmale Ostseeinsel Hiddensee, Blick vom Dornbusch nach Süden. Der Pfeil markiert den Standort des ehemaligen Klosters im Ort Kloster / Foto A. Kieseler

Ein Inselkloster

Durch die Gunst der Landesherren und die starke Unterstützung der Mutterabtei entwickelte sich das Kloster rasch zum religiösen und kulturellen Mittelpunkt der Insel, außerdem zu einem eigenständigen Wirtschaftsstandort, wozu v. a. die ertragreichen Fischgründe in den Boddengewässern und Anteile an einer Saline in Lüneburg, aber auch Einnahmen aus Krügen und Fährdiensten beitrugen. Neben der Urbarmachung und Besiedlung ihres Grundbesitzes – das Kloster war wahrscheinlich an der Gründung der in der Mitte der Insel gelegenen Orte Plogshagen und Gambek (heute zu Neuendorf bzw. wüst) beteiligt – widmeten sich die Mönche dem Schutz und der Versorgung von Schiffbrüchigen, der Eindämmung des „Strandrechts“ sowie der Missionierung der Inselbewohner, wozu man bereits kurz nach der Klostergründung eine Pfarrkirche im Süden der Insel (Gellenkirche) errichten ließ. Nach einer Phase des allmählichen wirtschaftlichen Niedergangs im 15. Jahrhundert wurde das Kloster im Zuge der Reformation 1536 aufgelöst. Die zunächst noch anderweitig genutzten Gebäude verfielen später zusehends und waren bis um 1700 fast gänzlich verschwunden.

Spektakuläre Wiederentdeckung

Während die Geschichte des Klosters auf Hiddensee durch zahlreiche Schriftquellen gut dokumentiert ist, verdanken wir es geophysikalischen Prospektionen und insbesondere archäologischen Ausgrabungen, dass wir heute ein recht genaues Bild von der Gestalt des seit dem 18. Jahrhundert oberflächlich vollständig verschwundenen Klosters besitzen. In zahlreichen Grabungsschnitten, die im Bereich der heutigen Insel-Gärtnerei und des Hotels Hitthim angelegt wurden, ließen sich die Fundamente und Baureste einer kreuzförmigen, dreischiffigen Hallenkirche, der Klausur mit Kreuzgang und mehrerer Nebengebäude erfassen. Die auf mächtigen Feldsteinfundamenten und in Backstein errichtete Kirche war mit 50 m Länge nur etwa halb so groß wie jene des bedeutenden Mutterklosters Neuenkamp; trotzdem handelte es sich sicherlich um einen sehr eindrucksvollen Bau, der nach Ausweis zahlreicher glasierter Formsteine von Portalen und Gewölben baulich reich verziert war. Im Süden der Kirche fanden sich Reste der Klausurgebäude, darunter der Wärmeraum des Klosters (Calefaktorium) im Südflügel, der sich durch einen eingetieften, tonnengewölbten Raum mit starken Brandrückständen – die Reste einer Warmluftheizung – als solcher zu erkennen gab. Im Norden der Kirche stieß man auf mehrere Gräber des dort angelegten Klosterfriedhofs, auf eine weitere Bestattung – sicherlich die eines Konventsmitglieds – im östlichen Kreuzgang.

Bei Ausgrabungen 2008 entdeckte Bestattung im Kreuzgang / Foto F. Biermann

Im weiteren Umfeld wurden außerdem Abschnitte der Klostermauer und Teile eines unterkellerten, ebenfalls beheizbaren Gebäudes gefunden, das möglicherweise als Abtshaus diente. Insgesamt gab sich das ehemalige Inselkloster im Lichte der Untersuchungen als eine in Grundriss, räumlicher Gliederung und Architektur durchaus charakteristische Zisterzienserabtei jener Zeit zu erkennen.

Reisetipp

Der kleine Leuchtturm Gellen im Süden der Insel / Foto A. Kieseler

Ausflug: Sollte der Schaproder Bodden zwischen Rügen und Hiddensee nicht gerade zugefroren sein, erreicht man die Insel nur mit dem Schiff, am günstigsten mit den Fähren der „Weißen Flotte“ von Stralsund (längere Fahrtzeiten) oder Schaprode (kürzere Fahrzeiten), wobei man nach Neuendorf, zu dem zentral gelegenen Hauptort Vitte oder direkt nach Kloster übersetzen kann. Empfehlenswert ist dabei ein ganz- oder mehrtägiger Besuch der Insel.

Das nur 17 km lange und teils nur 250 m schmale Eiland, auf dem es keinen privaten Autoverkehr gibt, lässt sich am besten mit den Fahrrad erkunden. Besonders sehenswert sind im Norden die Halbinsel Altbessin mit einem Vogelbeobachtungsturm, die nördlich anschließende Steilküste, das Hochland „Dornbusch“ mit dem seit 1888 bestehenden Leuchtturm sowie der Ort Kloster, in dem das Heimatmuseum Hiddensee, das Gerhart-Hauptmann-Museum, die Jugendstil-Villa „Lietzenburg“ und die im 17. Jahrhundert errichtete Inselkirche besichtigt werden können. In südliche Richtung lohnt sich eine Fahrrad- oder Kutschfahrt durch die Orte Vitte und Neuendorf bis zum einsam gelegenen Leuchtturm Gellen (1905).

Info:

www.weisse-flotte.de

www.heimatmuseum-hiddensee.de

www.hauptmannhaus.de

Überblick.

Identifikation

Geistliche Zugehörigkeit
Zisterzienser, Ordo Cisterciensis (OCist)
Patrozinium
St. Nikolaus

Gründung/Aufhebung

Gründungsdatum
13. April 1296
Gründung durch
Rügenfürst Wizlaw II. (um 1240–1302) und dessen Söhne
Mutterkloster
Neuenkamp (Franzburg)
Aufhebungsdatum
1536

Ortslage

Ortslage
In der Ortschaft Kloster, im Bereich der Gärtnerei und des Hotels Hitthim
Kirchlicher Verwaltungsbezirk
Erzbistum Lund, Bistum Roskilde
Territoriale Zugehörigkeit
Fürstentum Rügen (bis 1325), Herzogtum Pommern

Spätere Nutzung

bis etwa 1570 herzogliches Rentamt, später Steinbruch

Weitere Informationen

Quellen und Literatur

[1] Felix Biermann: Archäologische Untersuchungen am Zisterzienserkloster Hiddensee. Jahrbuch Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern 57, 2009 (2010), S. 265–357.

[2] Felix Biermann: Zisterzienser auf Hiddensee 1296–1536. Geschichte und Archäologie eines verschwundenen Klosters. Hiddensee-Reihe 2 (Hiddensee 2009).

[3] Doris Bulach: Zisterzienser und Stadt. Die städtischen Beziehungen der vorpommerschen Klöster Eldena, Neuenkamp und Hiddensee. In: Winfried Schich (Hrsg.): Zisterziensische Klosterwirtschaft zwischen Ostsee und Erzgebirge. Studien zu Klöstern in Vorpommern, zu Himmelpfort in Brandenburg und Grünhain in Sachsen. Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser 19 (Berlin 2004), S. 15–178.

[4] Hermann Hoogeweg: Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern 2 (Stettin 1925), S. 1–70.

[5] Andreas Niemeck: Die Zisterzienserklöster Neuenkamp und Hiddensee im Mittelalter. Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern 37 (Köln 2002).

[6] Helge bei der Wieden, Roderich Schmidt (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands 12. Mecklenburg / Pommern (Stuttgart 1996), S. 206–207.

Datensatz
JSON-Datensatz

Veröffentlicht am 15. Oktober 2022
Zuletzt bearbeitet am 7. Dezember 2023
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