Franziskaner

Greifenberg / Gryfice

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Zur Geschichte der Greifenberger Bettelordensniederlassung ist nur wenig bekannt, da sich kaum Schriftquellen erhalten haben. So ist auch das genaue Gründungsdatum des Franziskanerklosters nicht überliefert. Erstmals Erwähnung findet es in den Jahren 1289 bis 1291, als ein Lübecker Bürger dem Kloster 18 Mark vermachte. Gegründet wurde es jedoch viel früher, wahrscheinlich schon kurz nach der Entstehung der deutschrechtlichen Stadt im Jahre 1262. Somit war es nach den Franziskanerklöstern in Stettin (1240), Stralsund (1254) und Greifswald (1262) die vierte Niederlassung dieses Ordens in Pommern.

Die grauen Mönche erbettelten ihren Unterhalt nicht nur in Greifenberg, sondern auch auf Bettelfahrten ins Umland, u. a. nach Kolberg / Kołobrzeg und Belgard / Białogard. Durch ihre einfache Lebensweise in Armut und Buße sowie ihre Mildtätigkeit und Seelsorge waren sie insbesondere bei den unteren Schichten der Bevölkerung sehr beliebt.

 

Plan der Stadt Greifenberg vor dem Zweiten Weltkrieg mit Lage des Klosters in der Altstadt (roter Punkt) / www.omnia.ie; Bearbeitung A. Kieseler
Plan der Stadt Greifenberg vor dem Zweiten Weltkrieg mit Lage des Klosters in der Altstadt (roter Punkt) / www.omnia.ie; Bearbeitung A. Kieseler

Die reichen Bettelmönche aus Greifenberg

Zu den Franziskanern von Greifenberg haben sich über die Jahrhunderte mehrere Sagen erhalten, die vom außerordentlichen Reichtum der einfachen Bettelmönche berichten. So soll ein Greifenberger Böttcher eines Nachts von vermummten Gestalten aus seinem Hause entführt und mit verbundenen Augen kreuz und quer durch die Stadt und dann treppab in einen Raum geführt worden sein, wo er – nun von der Augenbinde befreit – gezwungen wurde, mehrere große Fässer voller Geldstücke zuzuschlagen. Nachdem man ihn wieder nach Hause geführt hatte, erschien es ihm, als sei er in Gegenwart von Mönchen in einem kühlen Kirchengewölbe oder Klosterkeller gewesen. Nach einer anderen Erzählung sollen die Ruinen des Klosters, so lange sie noch standen, alljährlich von zwei Mönchen aus Rom aufgesucht worden sein, die sich an bestimmten an den Gebäuden angebrachten Markierungen vergewisserten, dass die Schätze der Franziskaner sich noch immer an ihrem Ort befänden.

Die östliche Altstadt mit dem Regaufer, wo einst das Kloster stand; Postkartenansicht von vor 1945 / www.polska-org.pl
Die östliche Altstadt mit dem Regaufer, wo einst das Kloster stand; Postkartenansicht von vor 1945 / www.polska-org.pl

Mit den historischen Nachrichten lässt sich dieser sagenhafte Schatz allerdings nicht in Einklang bringen. Zwar hatten die Greifenberger Franziskanermönche trotz ihrer Ordensregel, die ihnen verbot, persönlich Geld anzunehmen, im 14. und 15. Jahrhundert mehrere Erbschaften, Renten und Schenkungen erhalten und waren zudem im Besitz einiger Grundstücke, etwa eines Hopfengartens vor dem Steintor sowie eines Hauses in Wollin / Wolin. Doch gehen diese Einnahmen und Besitzungen unter den pommerschen Bettelordenshäusern nicht über das übliche Maß hinaus, und auch die zur Reformationszeit im Auftrage des Herzogs angefertigten Klosterinventare berichten allenfalls von einer bescheidenen Ausstattung des Greifenberger Klosters. Ob die Sage dennoch einen wahren Kern enthält und in Greifenberg bis heute ein „Klosterschatz“ verborgen ist, wird sich wohl nur durch archäologische Forschungen am ehemaligen Klosterstandort klären lassen. In jedem Fall zeugt die Sage von der reformatorischen oder nachreformatorischen Färbung der Geschichte des einstigen Franziskanerklosters, das von einem vergleichbar armen zu einem unverschämt reichen Kloster umgedeutet wurde. 

Die Reformation vollzog sich in Greifenberg offenbar friedlich – die dem alten Glauben verhafteten Mönche wurden vermutlich ausgewiesen, die anderen verließen ihr Kloster wohl freiwillig. Denn schon 1535 überließ Herzog Barnim XI. die offenbar geräumten Klostergebäude dem städtischen Rat unter der Bedingung, diese in einem guten baulichen Zustand zu halten. Nachdem die Räumlichkeiten zunächst zu verschiedenen wirtschaftlichen Zwecken genutzt worden waren, dienten sie ab 1597 als Armenhaus; um 1850 sollen die letzten Reste des Klosters eingestürzt sein.

von Andreas Kieseler

Reisetipp

Das Zentrum Greifenbergs mit der Marienkirche heute / www.domkinadrozlewiskiem.pl
Das Zentrum Greifenbergs mit der Marienkirche heute / www.domkinadrozlewiskiem.pl

Ausflug:

Greifenberg ist heute eine kleine beschauliche Landstadt mit einigen sehenswerten mittelalterlichen Gebäuden, zu denen die am Markt gelegene Marienkirche (13./14. Jahrhundert), die St.-Georgs-Kapelle (um 1500) und Teile der im 14./15. Jahrhundert errichteten Stadtbefestigung (Steintor [Brama Kamienna], Hohes Tor [Brama Wysoka] und Pulverturm [Baszta Prochowa]) gehören.

Der idyllische Lauf der Rega und zwei sich ostwärts anschließende Parkanlagen laden zu Spaziergängen ein. Im Hohen Tor (ul. Wyskoka Brama 3) befindet sich eine kleine Ausstellung mit Objekten zur Geschichte der Stadt und der Region.

Sehenswert ist außerdem die Ausstellung zu den pommerschen Schmalspurbahnen (ul. Błonie 2).

Überblick.

Identifikation

Geistliche Zugehörigkeit
Franziskaner, Ordo Fratrum Minorum (OFM)
Ordensbezirk
Saxonia

Gründung/Aufhebung

Gründungsdatum
bald nach 1262
Gründung durch
wahrscheinlich Herzog Barnim I. (um 1210/18–1278)
Aufhebungsdatum
1534

Ortslage

Ortslage
im Osten des Stadtgebiets nahe der Rega / Rega, im Bereich der ehemaligen Mönchen- und Klosterstraße (heute Ecke ul. Bracka und ul. Klasztorna)
Kirchlicher Verwaltungsbezirk
Bistum Cammin
Territoriale Zugehörigkeit
Herzogtum Pommern

Spätere Nutzung

1535 an den Rat der Stadt übergeben, Verwendung als Gartenland, Kornboden und Speicher durch Greifenberger Bürger; ab 1597 Armenhaus

Weitere Informationen

Quellen und Literatur

[1] Hans von der Dollen: Streifzüge durch Pommern 3: Hinterpommern. Achtes Heft: Freienwalde, Daber, Naugard, Plathe, Regenwalde, Greifenberg und Treptow (Anklam 1885), S. 192–257.

[2] Hermann Hoogeweg: Die Stifte und Klöster der Provinz Pommern 1 (Stettin 1924), S. 583–590.

[3] Hugo Lemcke: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stettin. Heft XI: Kreis Greifenberg (Stettin 1914), S. 91.

[4] Karl Lemke: Das Franziskanerkloster in Greifenberg. Unser Pommernland. Monatsschrift für das Kulturleben der Heimat 18, 1933, S. 280–282.

[5] Hermann Riemann: Geschichte der Stadt Greifenberg in Pommern. Eine Gedächtnisschrift zum Sechshundertjährigen Jubiläum der Stadt (Greifenberg i. P. 1862), S. 81–90.

[6] Helge bei der Wieden, Roderich Schmidt (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands 12. Mecklenburg / Pommern (Stuttgart 1996), S. 191–193.

[7] [?] Zietlow: Mittheilungen über das Minoritenkloster in Greifenberg a. d. R. Baltische Studien 10/2, 1844, S. 43–75.

Datensatz
JSON-Datensatz

Veröffentlicht am 28. September 2023
Zuletzt bearbeitet am 30. Mai 2024
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