PRÄMONSTRATENSER

Belbuck / Białoboki

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Bei der zwischen 1175 und 1181 vom pommerschen Herzog Kasimir I. (1159–1180) gegründeten Prämonstratenserabtei von Belbuck handelte es sich nach Grobe auf Usedom um die zweite Klostergründung dieses Ordens in Pommern. Die ersten Norbertiner, wie man die Mitglieder des von Norbert von Xanten (1080/85–1134) im Jahre 1120 gegründeten Ordens auch nannte, kamen aus dem Kloster Sankt Trinitatis im dänischen Lund. Zur Errichtung ihres Klosters wurde ihnen eine spornartige Hochfläche zwischen der Rega / Rega und dem Rehbach / Sarnia, unweit der slawischen Burgsiedlung und späteren Rechtsstadt Treptow / Trzebiatów übertragen. Kurz nach der Altarweihe in der sich im Bau befindlichen Klosterkirche im Jahre 1181 ging das Kloster aufgrund des frühen Todes des Gründers, einer Krise in der Mutterabtei und der wohl allzu geringen Grundausstattung wieder ein.

Eine Neugründung erfolgte dann 1208 durch die Herzogin Anastasia (1187–um 1247) und ihre beiden Söhne. Dabei wurde nun das westfriesische Kloster Mariëngaarde als Mutterkloster ausgewählt, wodurch die pommerschen Herrscher wahrscheinlich einem zu starken kirchlichen Einfluss aus dem Reich in ihrem Gebiet entgegenwirken wollten.

Luftbild von Belbuck von Osten. Der Kreis markiert die Lage von Klosterkirche und Klausur / nach Rębkowski/Biermann 2015 (Bearbeitung A. Kieseler)

Auf den Spuren von Johannes Bugenhagen

Archäologische Ausgrabungen in Belbuck im Jahre 2004, im Hintergrund die Stadt Treptow mit der Marienkirche / Foto F. Biermann

Soweit bekannt, setzte sich der Konvent durchschnittlich aus 20 bis 40 Kanonikern, die teils aus den umliegenden Städten stammten, und einer kleineren Anzahl an Laienbrüdern zusammen. Engere Kontakte bestanden v. a. zu den beiden 1224 und 1281 gegründeten Prämonstratenserinnenklöstern in Treptow und Stolp / Słupsk, in welchen aus Belbuck kommende Pröbste die Seelsorge übernahmen. Das an Grundbesitz reiche Kloster bezog seine Einkünfte im Wesentlichen aus Verpachtungen, des Weiteren aus herzoglichen Münzstätten, Zöllen und mehreren Wirtshäusern sowie dem Betreiben von Wind-, Wasser- und Pferdemühlen.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts führte die sich ausbreitende reformatorische Bewegung in der Kirche zu einem raschen Ende des Klosters, in welchem der bedeutende pommersche Reformator Johannes Bugenhagen (1485–1558) seinerzeit eine Bibelschule leitete. Der Belbucker Abt Johann Boldewan (um 1485–1533), der sich wie Bugenhagen frühzeitig dem neuen Glauben angeschlossen hatte, wurde 1522 wegen der Verbreitung der lutherischen Lehre seines Amtes enthoben und floh zusammen mit einem Großteil seiner Ordensbrüder außer Landes. Die wenigen verbliebenen Klosterbewohner sollten auf Geheiß Herzogs Barnim XI. (1523–1573) von 1535 bis zum ihrem Ableben mit Lebensmitteln, Heizmaterial und Kleidung versorgt werden.

Spätestens in den 1550er Jahren war das Kloster vollständig verlassen. Am Osterdienstag 1560 wurde die Kirche durch Blitzschlag zerstört. Bereits im 18. Jahrhundert war von dem einstmals bedeutenden Kloster oberirdisch nichts mehr erhalten.

Vom slawischen Heiligtum zum christlichen Kloster

In den Jahren 2003 bis 2006 fand ein polnisch-deutsches Forschungsprojekt statt, um das untergegangene Kloster zu lokalisieren und archäologisch zu erforschen. Nördlich, westlich und innerhalb des kleinen Dorfes Belbuck wurden 23 Grabungsflächen angelegt, in denen man auf verschiedene Siedlungsreste stieß. Der spätere Standort des Klosters war bereits vom Ende des 9. bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts intensiv besiedelt worden. Hier bestand eine slawische Siedlung, deren zentraler Bereich möglicherweise durch einen bis zu 8 m breiten Graben umgeben war und somit ggf. eine slawische Kultstätte bildete.

Das Dorf Belbuck mit rezenter Bebauung (hellbraun), den Grabungsschnitten (1, 2), dem rekonstruierten Befestigungsverlauf, dem Klosterfriedhof (4), der Kirche und Klausur (6) sowie der Handwerkersiedlung am Fluss Rega (7, 8) / nach Rębkowski/Biermann 2015
Das Dorf Belbuck mit rezenter Bebauung (hellbraun), den Grabungsschnitten (1, 2), dem rekonstruierten Befestigungsverlauf, dem Klosterfriedhof (4), der Kirche und Klausur (6) sowie der Handwerkersiedlung am Fluss Rega (7, 8) / nach Rębkowski/Biermann 2015

Auch der Ortsname Belbuck – in den Quellen u. a. auch Belbog genannt – könnte auf eine dort verehrte slawische Gottheit, den Weißen Gott (polnisch Biały Bóg), und somit auf die Existenz eines slawischen Heiligtums hinweisen. Nicht zuletzt aus diesem Grunde wurde wohl genau an dieser Stelle zum Ende des 12. Jahrhunderts und dann ein zweites Mal im frühen 13. Jahrhundert ein Kloster gegründet, von dem verschiedene Bereiche archäologisch erfasst werden konnten:

Die zentralen Bauten des Klosters – Kirche und Klausur – wurden in Form von mit Ziegelschutt und massiven Feldsteinen verfüllten Ausbruchgräben im Südosten des Dorfes lokalisiert, wobei eine genaue Untersuchung der Anlage aufgrund der rezenten Bebauung nur eingeschränkt möglich war (im abgebildeten Plan erfolgte die Grundrissrekonstruktion auf Grundlage des Mutterklosters Mariëngaarde). Des Weiteren fanden sich zahlreiche Grablegen des im Norden anschließenden Klosterfriedhofs, zu denen auch Frauen- und Kindergräber gehörten, was davon zeugt, dass man im Klosterbereich in durchaus üblicher Weise nicht nur Ordensmitglieder, sondern auch weltliche Klosterbedienstete und deren Angehörige sowie womöglich auch Bewohner der nahen Siedlungen bestattete. Südlich des Friedhofs fanden sich die Überbleibsel eines Gebäudes, das um 1500 ggf. als Wohnhaus des Abts gedient hatte, und im Nordteil des Komplexes, teils schon außerhalb der Klostereinfriedung, lag ein weiträumiges Wirtschaftsareal, zu dem eine Ziegelei und ein Metallbearbeitungsplatz gehörten. Letzterer gab sich durch einen kanalartigen Wasserzulauf von der Rega, verglaste Lehmklumpen und Bruchstücke von Ofendüsen, Schlacken und Hunderte teils geschmolzener Eisen- und Buntmetallfunde zu erkennen und stand vielleicht mit dem für das Jahr 1328 genannten „magister fabrorum“ (Schmiedemeister) in Verbindung. Befestigt war die in den Schriftquellen auch „castrum“ genannte Klostersiedlung von etwa 200 x 100 m Ausdehnung zunächst mit einer künstlich geschaffenen Hangterrasse, der ein breiter Graben vorgelagert war, später dann mit einer Feldsteinmauer und ggf. weiteren Befestigungselementen.

Reisetipp

Sgraffito mit der Elefantenkuh „Hansken“ aus dem 17. Jh. an einem Bürgerhaus am Markt / wikipedia.pl

Ausflug: In der näheren Umgebung Belbucks, wo man sich noch von der einstigen Topografie des an der Rega gelegenen Klosters ein Bild machen kann, lohnt sich ein Besuch der nahen Stadt Treptow, deren mittelalterliche Geschichte eng mit jener des Klosters verbunden ist.

Besonders sehenswert sind hier die backsteinerne Stadtpfarrkirche St. Marien (14./15. Jh.), die ehemalige Hospitalkapelle St. Gertrud (14. Jh.; ul. II Pułku Ułanów), die Kapelle des Hl. Georgs (14. Jh.; ul. Kołobrzeska 6), die zu einem Lepraspital gehörte und im 19. Jh. zu einem Wohnhaus umgebaut wurde, sowie die Heiliggeistkapelle (14. Jh.; ul. Wojska Polskiego 44), in der 1534 der Treptower Landtag zusammenkam.

Am zentralen Marktplatz finden sich das barocke Rathaus (Rynek 1) und mehrere historische Bürgerhäuser, u. a. eines mit einer Sgraffito-Darstellung der in der Mitte des 17. Jhs. durch Europa geführten Elefantenkuh Hansken (Rynek 26).

Im Süden und Osten der Altstadt befinden sich das klassizistische Stadtschloss (das ehemalige Prämonstratenserinnenkloster; ul. Wojska Polskiego 67) sowie gut erhaltene Abschnitte der mittelalterlichen Stadtbefestigung, u. a. der Grützturm (ul. Wąska 3).

Fährt man von Treptow die Landstraße 109 nach Norden, gelangt man nach etwa 15 Minuten in das kleine Fischerdorf Deep / Mrzeżyno, das zu Badeaufenthalten und Strandspaziergängen einlädt.

17 km westlich von Belbuck liegt der kleine Badeort Hoff a. d. Ostsee / Trzęsacz, wo direkt an der Steilküste eine eindrucksvolle Kirchenruine steht. Die ehemalige Dorfkirche war im 15. Jh. in etwa 2 km Entfernung vom Meer errichtet worden und ist in den darauffolgenden Jahrhunderten durch Sturmfluten und Küstenabbrüche sukzessive abgebrochen. 

Überblick.

Identifikation

Geistliche Zugehörigkeit
Prämonstratenser, Candidus et Canonicus Ordo Praemonstratensis (OPraem)
Patrozinium
St. Peter und St. Paul

Gründung/Aufhebung

Gründungsdatum
erste Gründung zwischen 1175 und 1182, zweite Gründung 1208
Gründung durch
erste Gründung durch Kasimir I. (1159–1180), zweite Gründung durch Herzogin Anastasia (1187–um 1247) und ihre Söhne
Mutterkloster
Kloster St. Trinitatis in Lund (erste Gründung) und Kloster Mariëngaarde in Friesland (zweite Gründung)
Aufhebungsdatum
1523/35

Ortslage

Ortslage
1 km nordwestlich des Treptower Stadtkerns, im südöstlichen Bereich des Dorfes Belbuck
Kirchlicher Verwaltungsbezirk
Bistum Cammin
Territoriale Zugehörigkeit
Herzogtum Pommern

Spätere Nutzung

nach 1523 kurzzeitige Nutzung als herzoglicher Amtssitz, ab den 1560er Jahren starker Verfall, späterhin vollständige Abtragung zur Baumaterialgewinnung für die Errichtung des heute noch bestehenden Dorfes

Weitere Informationen

Quellen und Literatur

[1] Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogthums Stettin, von Kamin und Hinterpommern; oder des Verwaltungs-Bezirks der königl. Regierung zu Stettin. Bd. 6 (Berlin 1870).

[2] Felix Biermann, Marek Dworaczyk, Marian Rębkowski: Archäologische Untersuchungen am Kloster Belbuck. Beiträge zur Greifenberg-Treptower Geschichte 29, 2006, S. 61–69.

[3] Felix Biermann, Marian Rębkowski: Usedom-Grobe und Treptow (Trzebiatów)-Belbuck – Herrschafts- und Sakraltopographie pommerscher Zentralorte im 12./13. Jh. In: Gerson H. Jeute, Jens Schneeweiß, Claudia Theune (Hrsg.), Aedificatio Terrae. Beiträge zur Umwelt- und Siedlungsarchäologie Mitteleuropas. Festschrift für Eike Gringmuth-Dallmer. Studia honoraria 26 (Rahden 2007), S. 69–78.

[4] Felix Biermann, Marek Dworaczyk, Marian Rębkowski: Archäologische Forschungen am Prämonstratenserstift Belbuck bei Treptow an der Rega. Baltische Studien 101, 2015, S. 15–36.

[5] Hermann Hoogeweg: Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern 1 (Stettin 1925), S. 13–91.

[6] Marian Rębkowski, Felix Biermann: Klasztor w Białobokach w świetle badań archeologicznych z lat 2003–2006. Trzebiatów – Spotkania Pomorskie 2006 r., 2007, S. 9–14.

[7] Marian Rębkowski: Kołbacz (Kolbatz) and Białoboki (Belbuck) – archaeology of two 12th century monasteries in Pomerania. In: Oliver Auge, Felix Biermann, Christofer Herrmann (Hrsg.), Glaube, Macht und Pracht. Geistliche Gemeinschaften des Ostseeraums im Zeitalter der Backsteingotik. Archäologie und Geschichte im Ostseeraum 6 (Rahden/Westf. 2009), S. 125–140.

[8] Marian Rębkowski, Felix Biermann (red.): Klasztor premonstratensów w Białobokach. Archeologia i historia (Szczecin 2015).

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JSON-Datensatz

Veröffentlicht am 16. Oktober 2022
Zuletzt bearbeitet am 7. Dezember 2023
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