Im Jahr 1304 erlaubte der Camminer Bischof Heinrich von Wacholz († 1317) die Gründung einer Augustiner-Eremitenniederlassung in der noch jungen Stadt Anklam. Rund sechs Jahre später und mit der Einwilligung des Stadtrates kamen die ersten Mönche aus dem Augustiner-Eremitenkloster in Stargard, das als erste Niederlassung dieses Ordens bereits in der Zeit zwischen 1267 und 1289/91 gegründet worden war. Der Rat von Anklam wies den ankommenden Mönchen ein Gebäude mit Grundstück zu, das im nordöstlichen Stadtbereich nahe der Stadtmauer lag. Schnell etablierte sich das Kloster als wichtiges geistliches Zentrum in der Stadt und der Konvent erhielt zahlreiche Zuwendungen in Form von Geldgaben aus dem Kreis der Anklamer Bürger, der Zünfte und Gilden sowie der ratsfähigen Familien. Auch Domherren aus Cammin waren unter den Gönnern des Klosters. Als Gegenleistung hielten die Mönche für die jeweiligen Stifter Messen und gedachten der Verstorbenen mit Seelmessen. Dieser rege Zuspruch von Seiten der Anklamer ermöglichte es den Mönchen, ihr Kloster auszubauen und auch nach zwei Brandkatastrophen – ein erstes Mal 1384 und ein weiteres Mal 1478 – wieder neu zu errichten.

Anklamer Stadtansicht um 1615 aus der Stralsunder Bilderhandschrift / Stadtarchiv Stralsund
Anklamer Stadtansicht um 1615 aus der Stralsunder Bilderhandschrift / Stadtarchiv Stralsund

Ein lange verschwundenes Kloster

Anklam vor den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges / Foto: R. Harlaß
Anklam vor den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges / Foto: R. Harlaß

Den Mönchen war es erlaubt, durch Almosen und Betteln weitere Einkünfte zu erzielen. Hierzu sammelten sie Gelder in ihrem sogenannten Termineibezirk, der sich bis nach Dassow und Gadebusch erstreckte. Auch auf Falsterbo, der kleinen Halbinsel im Südwesten des damals dänischen Schonen, erlaubte ihnen der Erzbischof von Lund, durch das Lesen der Messe Almosen zu sammeln. In Greifswald unterhielten die Mönche ein Termineihaus, in dem meist zwei bis vier Mönche Unterkunft nahmen, wenn sie für die Konventsgemeinschaft dem Bettel nachgingen.

Der Konvent umfasste zumeist zwölf Mitglieder. Die Hauptaufgabe der Mönche, die in Armut und apostolischer Brüderlichkeit lebten, lag in der Predigt. Hierfür erhielten sie eine gute Ausbildung, die meist mit dem Besuch einer Universität einherging. In der 1456 gegründeten Greifswalder Universität waren einige der Konventsmitglieder immatrikuliert und nutzten das dortige Termineihaus wohl auch als Unterkunft während ihres Studiums. Im Jahr 1415 schlossen sich mehrere Augustiner-Eremitenklöster in Pommern und Preußen zusammen und gründeten eine gemeinsame Lehranstalt, die jährlich ihren Sitz wechselte. Im Jahr 1423 oder 1424 war das Kloster Anklam Sitz dieser Bildungseinrichtung, in der der klösterliche Nachwuchs in Theologie sowie in Grammatik, Rhetorik und Arithmetik unterrichtet wurde.

Mit der Reformation kam auch das Ende des Anklamer Augustiner-Eremitenklosters. 1530 schlossen die Mönche mit dem Stadtrat einen Vergleich. So erhielten die Mönche lebenslanges Wohnrecht und Versorgung, nachdem sie der Stadt alle Urkunden und Inventarien übereignet hatten. 1543 lebten nur noch zwei Mönche im Kloster, das bereits 1530 durch Blitzschlag beschädigt worden war. Der letzte Mönch, der ehemalige Prior des Konvents, Christian Albrecht, überließ schließlich das Gebäude Herzog Philipp I. von Pommern-Wolgast (1515–1560), der es wiederum bald weiterverkaufte. Das Kloster verfiel zusehends und um 1560 verschwand es durch den endgültigen Abriss aus dem Stadtbild. Heute erinnern nur noch die Straßennamen Brüderstraße und Klosterstraße an den ehemaligen Standort des Augustiner-Eremitenklosters.

Eine Hochzeit im Kloster

Im Mai 1478 heiratete in Anwesenheit zahlreicher Gäste Herzog Magnus II. von Mecklenburg (1441–1503) Sophie von Pommern (1460–1504), Tochter Herzog Erichs II. von Pommern-Wolgast und Stettin (1427–1474), in der Klosterkirche von Anklam. Der Ort ihrer Hochzeit war bewusst gewählt. Bereits im Jahr 1472 hatte sich Sophie mit Johann IV. von Mecklenburg (1439–1474) verlobt. Diese familiäre Verbindung sollte das Bündnis der Herzogtümer Mecklenburg und Pommern stärken. Doch vor der vertraglich vereinbarten Hochzeit im Jahr 1474 verstarb Johann auf einer Reise nach Franken an den Folgen der Pest. Da beide Herzogshäuser weiterhin an einer solchen Bindung interessiert waren, sollte nun Johanns jüngerer Bruder, Magnus II., Sophie ehelichen. Aus kirchenrechtlicher Sicht stand dem jedoch entgegen, dass Sophie bereits durch das Verlöbnis die Schwägerin von Magnus war. Der Illegitimität einer solchen Ehe bzw. dem sich aus dieser Situation ergebenden Verstoß gegen die öffentliche Ehrbarkeit konnte nur ein päpstlicher Dispens entgegenwirken. Diesen erhielt das Paar durch Papst Sixtus IV. (1414–1484), nachdem Sophie versichert hatte, dass die Ehe mit Johann nicht vollzogen worden war. Da Magnus und Sophie aber bereits vor dieser päpstlichen Befreiung geheiratet hatten, musste die Ehe erneut geschlossen werden. Hierfür wählten sie nicht einen großen repräsentativen Dom, sondern die bescheidene Klosterkirche der Augustiner-Eremiten im pommerschen Anklam. Der Orden zeichnete sich dahingehend aus, dass er in den immer wieder aufkommenden Konflikten des 14. und 15. Jahrhunderts zwischen einzelnen Herrscherhäusern und dem Papst die päpstliche Autorität auch in weltlichen Angelegenheiten uneingeschränkt unterstützte. Magnus und Sophie zeigten durch diese Ortswahl die bedingungslose Annahme des päpstlichen Dispens, dem sie mit selbstauferlegter Bescheidenheit folgten. Die von einem im kanonischen Recht gut unterrichteten Priester zelebrierte Vermählung sollte zudem allen Anwesenden die endgültige Rechtskräftigkeit dieses Ehegelöbnisses vergegenwärtigen.

von Katja Hillebrand

Reisetipp

Anklam Museum im Steintor
Anklam Museum im Steintor / Wikipedia

Ausflug: Von der ehemaligen Klosteranlage hat sich im Stadtbild nichts erhalten. Informationen zur mittelalterlichen Stadtgeschichte erhält man im Stadtmuseum im Steintor, ca. 200 Meter östlich des Marktplatzes gelegen.

Besonders sehenswert ist das nahe Naturschutzgebiet Peenetal, das zu langen Spaziergängen oder Radtouren einlädt.

Wer die Reste des ältesten Steinbaus in Pommern besichtigen möchte, kann die 10km entfernte ehemalige Abtei in Stolpe besuchen. Die Anlage besticht nicht nur durch seine einzigartige Geschichte, sondern auch durch seine schöne Lage an der Peene. Gastronomie, Übernachtungsmöglichkeiten sowie Parkplätze gibt es vor Ort in Stolpe. 

Überblick.

Identifikation

Geistliche Zugehörigkeit
Augustiner-Eremiten, Ordo Eremitarum Sancti Augustini (OESA)
Ordensbezirk
Sächsische Ordensprovinz
Reformzugehörigkeit
Anf. 16. Jh. Anschluss an die Observantenkongregation
Patrozinium
Hl. Kreuz

Gründung/Aufhebung

Gründungsdatum
1304/1310
Gründung durch
Bischof von Cammin Heinrich von Wacholz
Aufhebungsdatum
1530

Ortslage

Ortslage
Unbekannt (Brüderstraße/Klosterstraße)
Kirchlicher Verwaltungsbezirk
Bistum Cammin
Territoriale Zugehörigkeit
Herzogtum Pommern-Wolgast
Koordinaten

Spätere Nutzung

Übergabe der Klosteranlage an den Herzog von Pommern durch den Rat der Stadt Anklam 1536, Bleiberecht des Konvents bis zum Tod des letzten Mönchs 1545, Abbruch der Gesamtanlage 1561

Weitere Informationen

Quellen und Literatur

[1] Oliver Auge, Robert Harlaß, Katja Hillebrand, Andreas Kieseler: Vorpommern und seine Klöster (Regensburg 2023).

[2] Eduard Beintker: Die Urkunden über die Auflösung des Augustiner Eremiten-Klosters in Anklam (1530). Monatsblätter der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde 15, 1901, S. 1–4 u. S. 17–19.

[3] Sebastian Brather: Anklam im Mittelalter – Funde aus der Brüderstraße. Mitteilungen des Bezirksfachausschuss für Ur- und Frühgeschichte 37, 1990, S. 50–64.

[4] Holger Fries: Stadtkernarchäologie in Anklam. Archäologische Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern 1, 1994, S. 115–117.

[5] Hermann Hoogeweg: Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern 1 (Stettin 1924), S. 1–12.

[6] Haik Thomas Porada: Die Baulichkeiten und Liegenschaften des Augustiner-Eremiten-Klosters und des Stadthofes des Prämonstratenserklosters Pudagla („die Papen-Collatie“) in Anklam zwischen Reformation und ausgehender Schwedenzeit. In: Claudia Kimminus-Schneider, Manfred Schneider (Hrsg.), Klöster und monastische Kultur in Hansestädten. Beiträge des 4. wissenschaftlichen Kolloquiums. Stralsund 12. bis 15. Dezember 2001. Stralsunder Beiträge zur Archäologie, Geschichte, Kunst und Volkskunde in Vorpommern 4 (Rahden i. Westf. 2003), S. 185–204.

[7] Steffen Orgas: Nachruf für ein Kloster ‒ Die Augustiner-Eremiten in Anklam. Pommern ‒ Zeitschrift für Kultur und Geschichte 55, 2017, S. 14–19.

[8] Martin Wehrmann: Von den letzten Mönchen im Augustinerkloster zu Anklam. Monatsblätter der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde 27, 1913, S. 65–73.

[9] Helge bei der Wieden, Roderich Schmidt (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. 12. Mecklenburg / Pommern (Stuttgart 1996), S. 153–156.

[10]: https://www.kulturwerte-mv.de/Landesarchiv/Archivalien/Bisherige-Beitr%C3%A4ge/2023-02-brief-1486-franziskus-von-siena-herzogin-sophie-von-pommern/ (letzter Abruf 27.08.2024)

Datensatz
JSON-Datensatz

Veröffentlicht am 15. Juli 2022
Zuletzt bearbeitet am 28. August 2024
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