Zu den bedeutendsten Klöstern Pommerns gehörte das Prämonstratenser-Chorherrenstift von Grobe, das bereits in den 60er Jahren des 12. Jahrhunderts von dem Pommernherzog Ratibor I. († 1156) und seiner Gemahlin Pribislawa († nach 1156) gegründet worden war. In jener Zeit war es neben dem 1153 errichteten Benediktinerkloster in Stolpe a. d. Peene das einzige Kloster in Pommern, in den 1160er Jahren dann „das sakrale Zentrum der pommerschen Diözese“ (J. Petersohn). Die aus Magdeburg oder Brandenburg herbeigerufenen Kanoniker wurden in unmittelbarer Nähe der slawischen Burganlage „Bauhof“ (in Usedom) angesiedelt, die im 11./12. Jahrhundert den Kern eines großen Siedlungskomplexes bildete und einer der politisch-herrschaftlichen, wirtschaftlichen und religiösen Hauptorte im Herzogtum Pommern war. Die Bedeutung des Klosters wird auch darin deutlich, dass es zur Grablege der Pommernherzöge bestimmt wurde – hier wurde u. a. dessen Stifter, Ratibor I., bestattet – und in den 1160er/1170er Jahren zeitweilig Sitz des pommerschen Bischofs war. Durch die pommersch-dänischen Kriege im Odermündungsgebiet ging das Kloster wieder ein und wurde 1177/78 neu besetzt, diesmal mit Kanonikern aus Havelberg. Bis ins frühe 14. Jahrhundert betätigten sich die Grober Kanoniker in Seelsorge und Mission und waren als Grundherren in beachtlichem Maße am Landesausbau und der wirtschaftlichen Entwicklung der Region beteiligt. Mit dem Bedeutungsverlust der Burgstadt Usedom rückte das Kloster in die Peripherie und wurde 1307/09 ins Zentrum der Insel Usedom, nach Pudagla verlegt. Der für lange Zeit unbekannte Standort des vollständig abgetragenen Klosters konnte in den letzten beiden Jahrzehnten durch Ausgrabungen und geophysikalische Untersuchungen im Süden der Stadt, auf einer Landzunge am Usedomer See mit dem Flurnamen „Priesterkamp“, lokalisiert werden.
Überblick.
Identifikation
Gründung/Aufhebung
Ortslage
Spätere Nutzung
Im 14. Jh. verblieben die Klosterruinen und ein dortiger Wirtschaftshof („curia“) im Besitz des Klosters Pudagla; ab dem frühen 15. Jh. bestand am Ort des alten Klosters eine Kapelle mit denselben Patrozinien (im 15. Jh. regionaler Wallfahrtsort). Nach der Reformation wurden die Bauten vollständig abgetragen.
Weitere Informationen
[1] Arthur Behn: Das Kloster Grobe. In: Matthias Puhle, Renate Hagedorn (Hrsg.): Prémontré des Ostens. Das Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg vom 11. bis 17. Jahrhundert (Oschersleben 1996), S. 89–92.
[2] Arthur Behn: Zur Geschichte und Lage des Klosters Grobe. In: Brigitte Metz (Hrsg.): Usedom. Geschichte und Geschichten. 700 Jahre Stadt Usedom (Ostklüne 1998), S. 45–52.
[3] Felix Biermann, Marian Rębkowski: Usedom-Grobe und Treptow (Trzebiatów)-Belbuck – Herrschafts- und Sakraltopographie pommerscher Zentralorte im 12./13. Jahrhundert. In: Gerson H. Jeute, Jens Schneeweiß, Claudia Theune (Hrsg.): Aediicatio terrae. Beiträge zur Umwelt- und Siedlungsarchäologie Mitteleuropas. Festschrift Eike Gringmuth-Dallmer. Internationale Archäologie. Studia honoraria 26 (Rahden/Westf. 2007), S. 69–78.
[4] Felix Biermann, Ottilie Blum, Cecilia Hergheligiu: Neue Forschungen zum Prämonstratenserstift Grobe auf der Insel Usedom – Ausgrabungen am Wilhelmshofer Priesterkamp im Jahre 2010. Jahrbuch Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern 63, 2015 (2017), S. 53–144.
[5] Hermann Hoogeweg: Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern 2 (Stettin 1925), bes. S. 261 ff.
[6] Bettina Jungklaus: Die Bestattungen beim spätmittelalterlichen Prämonstratenserstift Grobe (Wilhelmshof) auf der Insel Usedom – Ergebnisse der anthropologischen Analysen. Jahrbuch Bodendenkmalplege in Mecklenburg-Vorpommern 63, 2015, S. 155–189.
[7] Günter Mangelsdorf: Kloster Grobe bei Usedom – Bericht über die Ergebnisse einer Ausgrabung. In: Günter Mangelsdorf (Hrsg.): Von der Steinzeit zum Mittelalter. Greifswalder Mitteilungen. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie 3 (Frankfurt a. Main u. a. 1999), S. 155–190.
[8] Jürgen Petersohn: Grobe-Marienberg-Usedom. Die Aussagen der Urkunden zur Entwicklung und Topographie des Usedomer Prämonstratenserstifts im 12. und 13. Jahrhundert. In: Günter Mangelsdorf (Hrsg.): Die Insel Usedom in slawisch-frühdeutscher Zeit. Greifswalder Mitteilungen. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie 1 (Frankfurt a. Main u. a. 1995), S. 137–149.
[9] Hans Georg Thümmel: Zur Erforschung des Prämonstratenserklosters Grobe/Usedom – Ergebnisse und Fragen. In: Günter Mangelsdorf (Hrsg.): Aus der Frühgeschichte des südwestlichen Ostseegebietes. Greifswalder Mitteilungen. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie 5 (Frankfurt a. Main u. a. 2002), S. 33–50.
[10] Helge bei der Wieden, Roderich Schmidt (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands 12. Mecklenburg / Pommern (Stuttgart 1996), S. 309–311.