DOMINIKANER

Cammin / Kamień Pomorski

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Ab dem beginnenden 12. Jahrhundert bildete der auf einer natürlich geschützten Landzunge an der Odermündung gelegene Burg-Siedlungs-Komplex Chamin/Kammyn (poln. kamień = Stein) für mehr als 100 Jahre das politisch-religiöse Zentrum Pommerns. Hier befand sich der Sitz der pommerschen Herzöge, hier gründete Bischof Otto von Bamberg (um 1060–1139) auf seiner ersten Missionsreise im Jahre 1124 eine oder zwei Kirchen und hierhin verlegte Herzog Kasimir I. (nach 1130–1180) 1176 den Sitz des 1140 eingerichteten pommerschen Bistums. So verwundert es nicht, dass Cammin neben Prag, Breslau, Danzig, Sandomierz und Płock zu jenen Orten gehörte, an welche der Krakauer Dominikanerkonvent – der älteste der polnischen Ordensprovinz – in der Mitte der 1220er Jahre seine ersten Mönche aussandte. Neben dem Danziger (1226) bildete der Camminer Konvent die älteste Dominikanerniederlassung an der südlichen Ostseeküste.

Cammin zu Beginn des 13. Jhs. A – Burg und Vorburg; B – offene Vorburgsiedlung; 1 – Marienkirche; 2 – Dom St. Johannes; 3 – Ägidienkirche / nach Rębkowski 2023, Abb. 3

Nach dem Tod seines Vaters 1227/28 übergab der spätere Camminer Kastellan Stoislaus die von jenem errichtete Ägidien-Kirche den Krakauer Bettelmönchen. Die Schenkung wurde von Herzog Wartislaw III. (um 1210–1264) vor 1232 bestätigt, ebenso ein Platz zum Bau des Klosters, der „von der Kirche bis an das Wasser [Karpin] und von dem Wasser bis an den Markt“ reichte (H. Hoogeweg). Es befand sich außerhalb der Camminer Burg in der sich im Osten anschließenden offenen Vorburgsiedlung, etwa 100 m südöstlich des Doms – in randlicher Lage, wie sie für die Klöster der Bettelorden charakteristisch ist.

Ein zweiteiliger Konvent?

Lage der archäologisch nachgewiesenen Ägidien-Kirche (roter Kreis), des Doms (1) und der Marienkirche (2) in Cammin auf einer Karte von 1725 / Archiv WUOZ Szczecin; Bearb. A. Kieseler

Als die 1274 im Bereich der Kastellansburg gegründete Rechtsstadt im Jahre 1308 durch die in Pommern eingefallenen Brandenburger verwüstet wurde, wurde vermutlich auch das vor der Stadtmauer gelegene Kloster stark in Mitleidenschaft gezogen. 1311 jedenfalls übersiedelte der Konvent in die Stadt um, wahrscheinlich in die direkte Nachbarschaft der Marienkirche, da das Stadtareal schon weitgehend bebaut war. Dort blieb er aber offenbar nicht lange, denn spätestens 1335 berichten die Quellen wieder von einem Kloster vor den Toren Cammins. Möglicherweise verblieb aber ein Teil der Mönche als eine Art Nebenkonvent in der Stadt, denn 1531 werden ein Prior des „Closters vor Camyn“ und ein zweiter Prior „tho Camyn“ genannt (L. Kücken). Von den Konventsgebäuden wissen wir nichts. Nur für das Kloster vor der Stadt ist bekannt, dass es im 14. Jahrhundert ein Armarium (Bücherraum) und unter dem Refektorium einen beheizbaren Raum gab. 1403 wurden die dortigen Klausurgebäude erneuert.

Bettelarme Mönche

Ziel des Dominikanerordens waren Verbreitung und Verteidigung des rechten Glaubens durch Studium und Predigt. Nach den Ordensregeln hatten dessen Mitglieder in Armut zu leben, privater Besitz war ihnen weitgehend verboten. Der Camminer Konvent verfügte so auch kaum über Kirche und Kloster hinausgehenden Grundbesitz, besaß nur ein paar Gärten, Äcker und Wiesen außerhalb der Stadt sowie zwei Stadtparzellen mit kleinen Katen. Einnahmen generierte das Kloster im Wesentlichen durch Renten, Erbschaften und Stiftungen von Adeligen und Bürgen, die man im Gegenzug in die Gebete einschloss und für die man Seelenmessen las. Auch das Terminieren, das Einsammeln von Almosen, brachte Geld ein, wobei die Mönche nicht nur im nahen Wollin / Wolin oder Greifenberg / Gryfice, sondern auch in weiter entfernten Städten wie Arnswalde / Choszczno und Pyritz / Pyrzyce bettelten. In Kolberg / Kołobrzeg besaßen sie dazu eine Bude in der Judengasse, in Greifenberg ein Haus vor dem Stadttor und in Stargard ein Haus in der Wollweberstraße. Hinzu kamen bescheidene Einkünfte aus den Fischereirechten in den Gewässern vor der Stadt.

Dominikanermönche in ihrer charakteristischen Ordenstracht mit schwarzem Mantel und weißem Untergewand. Mittelalterliche Sandsteinfiguren im ehemaligen Dominikanerkloster Lübeck / Foto Katja Hillebrand

Das rasche Ende des Klosters

In der Reformationszeit wurde der Konvent aufgelöst. Schon 1524 ließ der Herzog die Kleinodien des Klosters einziehen und in einer Kiste im Rathaus sichern. Die Camminer Bettelmönche hatten ihr Kloster schon im Jahre des Landtags zu Treptow / Trzebiatów (1534) weitgehend verlassen. In den dem benachbarten Domkapitel übergebenen Klostergebäuden wurden mittellose Camminer Bürger untergebracht; auch der letzte Prior der Niederlassung bat noch 1539 um Quartier im Kloster und den Schutz des Landesherrn. Im Zuge dieser Nutzung wurde das Kloster stark beschädigt und später gänzlich abgetragen. Die Gebäudefundamente wurde im 19. Jahrhundert größtenteils ausgebrochen; Reste der Ägidien-Kirche fanden sich bei 2012/13 durchgeführten Ausgrabungen.

von Andreas Kieseler

Cammin – auf der Stadtansicht der Lubinschen Karte von 1618 ist das Dominikanerkloster nicht mehr zu sehen / Stadtakte Kamień Pom. (WUOZ Szczecin); Reproduktion A. Kieseler

Reisetipp

Der Camminer Dom-Kreuzgang – einziger erhaltener mittelalterlicher Kreuzgang eines Domkapitels im heutigen Polen / Foto A. Kieseler

Bei einem Ausflug nach Cammin sollte die Besichtigung des Johannes-Doms an erster Stelle stehen. Diesen kann man zusammen mit dem in seiner Art in Polen einzigartigen Kreuzgang nach telefonischer Absprache besichtigen (0048 / 731 834 012). Von der mittelalterlichen Bebauung der Stadt haben sich außerdem das nach dem Krieg wiedererrichtete Rathaus auf dem Marktplatz sowie Teile der mittelalterlichen Stadtbefestigung mit dem Wolliner Tor im Westen erhalten. In diesem befindet sich ein kleines Steinmuseum (Muzeum Kamieni), das auch Ausstellungsstücke zur Stadtgeschichte bietet. Im Norden der Stadt liegt der Yachthafen mit einer kleinen Mole und einigen Restaurants. Von Cammin aus lohnt sich ein Abstecher auf die Insel Wollin, insbesondere in die gleichnamige Stadt im Süden und in das Seebad Swinemünde / Świnoujście mit seinem wunderschönen Badestrand an der Nordküste.  Ein Geheimtipp ist das kleine Dorf Lebbin / Lubin im Südwesten der Insel, wo Otto von Bamberg 1124 in einer pommerschen Burganlage eine der ersten Kirchen des Landes errichten ließ. Auf dem heutigen Burggelände gibt es eine Café-Bar und eine Aussichtsplattform, von der man eine fantastische Sicht über das Oderhaff genießen kann (www.grodziskolubin.pl).

Überblick.

Identifikation

Geistliche Zugehörigkeit
Dominikaner, Ordo Fratrum Praedicatorum (OP)
Ordensbezirk
Polonia

Gründung/Aufhebung

Gründungsdatum
wahrscheinblich 1227/28
Gründung durch
slawischer Edler Stoislaus
Mutterkloster
Krakau
Aufhebungsdatum
1535

Ortslage

Ortslage
Ca. 100 m südöstlich des Doms; modern überbaut
Kirchlicher Verwaltungsbezirk
Bistum Cammin
Territoriale Zugehörigkeit
Hzt. Pommern

Spätere Nutzung

nach Reformation temporär im Besitz des Domkapitels und Unterkunft für mittelose Bürger; später offenbar rascher Verfall

Weitere Informationen

Quellen und Literatur

[1] Andrzej Buko: Najstarsze klasztory dominikańskie w przestrzeni ośrodków wczesnomiejskich na ziemiach polskich. In: Dariusz Aleksander Dekański, Andrzej Gołembnik, Marek Grubka (red.): Dominikanie. Gdansk – Polska – Europa. Materialy z konferencji miedzynarodowej pt.: Gdanskie i europejskie dziedzictwo. Zakon dominikanów w dziejach Gdanska. Zorganizowanej przez klasztor OO. Dominikanów w Gdańsku, Instytut Historii Uniwersytetu Gdańskiego, Instytut Archeologii Uniwersytetu Warszawskiego, z okazji 775-lecia powstania klasztoru św. Mikołaja w Gdańsku (9–10 maja 2002) (Gdańsk/Pelplin 2003), S. 287–306.

[2] Hans Bütow: Beiträge zur Geschichte der Dominikanerklöster in Pommern. Monatsblätter der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde 46/5, 1932, S. 49–54.

[3] Władysław Filipowiak: Kamień wczesnodziejowy (Szczecin 1959).

[4] Hermann Hoogeweg: Die Stifte und Klöster der Provinz Pommern 1 (Stettin 1924), S. 205–222.

[5] Jerzy Kłoczowski: Dominikanie polscy nad Bałtykiem w XIII w. Nasza Przeszłość 6, 1957, S. 83–126.

[6] Ludwig Kücken: Geschichte der Stadt Cammin im Pommern, und Beiträge zur Geschichte des Camminer Dom-Capitels (Cammin 1880), S. 20–30.

[7] Henryk Kustosz, Artur Sobucki: Odkrycie reliktów średniowiecznego kościoła klasztornego dominikanów pw. św. Idziego w Kamieniu Pomorskim. Wstępne wyniki badań architektoniczno-archeologicznych. Materiały Zachodniopomorskie N. S. 12, 2016, S. 483–546.

[8] Marian Rębkowski, Chrystianizacja Pomorza Zachodniego. Studium archeologiczne (Warszawa 2023).

[9] Marian Rębkowski: Kamień we wczesnym średniowieczu. In: Radosław Gaziński (red.): Dzieje Kamienia Pomorskiego do 1945 roku (Szczecin 2024), S. 25–74.

[10] Rudolf Spuhrmann: Geschichte der Stadt Cammin i. Pommern und des Camminer Domkapitels (Cammin 1924), bes. S. 19.

[11] Johann Joachim Steinbrück: Geschichte der Klöster in Pommern und den angränzenden Provinzen, in so fern die leztern mit den erstern in Verbindung gestanden, von ihrer Gründung bis zu ihrer Aufhebung oder iezzigen Fortdauer, so weit die dabei benuzten Quellen führen (Stettin 1796), S. 24–27.

[12] Martin Wehrmann: Die Niederlassungen der Dominikaner in Pommern. Monatsblätter der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde 12/6, 1898, S. 84–90.

Datensatz
JSON-Datensatz

Veröffentlicht am 29. Mai 2024
Zuletzt bearbeitet am 30. Mai 2024
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